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Haftstrafe nach rassistischem Ãœbergriff bestätigt

vom 19. Dezember 2015 in Kategorie: Artikel

Der Abend des 29. Oktober 2013 änderte für einen 40-jährigen polnischstämmigen Mann Einiges. Auf dem Weg von der Arbeit nach Hause betankte er seinen PKW in Pasewalk. Dass sein Kennzeichen ihn als Polen auswies, reichte zwei Männern und einer Frau, die sich an der Tankstelle aufhielten, ihn mit hämischen Blicken zu versehen und den Rechtsrock in ihrem Transporter laut aufzudrehen. 

Als der später Angegriffene weiterfuhr, folgte ihm der Wagen und überholte ihn schließlich auf der Landstraße kurz hinter dem Örtchen Polzow. Plötzlich bremste der Transporter vor ihm ab und nötigte ihn somit, ebenfalls anzuhalten. Die beiden Männer stiegen aus dem Transporter, gingen auf ihr Opfer zu, das gutgläubig die Scheibe heruntergekurbelt hatte, und begannen unvermittelt auf den Betroffenen einzuschlagen. Sie rissen anschließend die Fahrertür auf und traten auf ihn ein, unter anderem auch gezielt gegen den Kopf. Der Betroffene erlitt erhebliche Verletzungen.

Anderthalb Jahre dauerte es, bis die Körperverletzung sowie das Verwenden verfassungsfeindlicher Symbole im April 2015 vor dem Amtsgericht in Pasewalk verhandelt wurden. Der 40-jährige Angeklagte Jens B., der auch vor Gericht keinen Hehl aus seiner rechten Gesinnung machte und sich mit eindeutiger Szenekleidung sowie sichtbaren Tattoos präsentierte, verweigerte die Aussage. Dennoch sahen Gericht und Staatsanwaltschaft die Tatvorwürfe als bestätigt an. Aufgrund der zahlreichen Vorstrafen und der damit einhergehenden ungünstigen Sozialprognose wurde eine Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verhängt. Da B. gegen dieses Urteil in Berufung ging, wurde am 13. November 2015 am Landgericht in Neubrandenburg erneut verhandelt. Zum Auftakt der neuerlichen Verhandlung reichte die Strafverteidigung einen Antrag ein, sich in der Berufung ausschließlich auf die Straffolgen zu beschränken, wodurch die Täterschaft B.s quasi eingeräumt wurde.  Staatsanwaltschaft und Gericht würdigten diese Art »Geständnis«, obwohl bereits erstinstanzlich nach der Beweisaufnahme keine Zweifel an B.s Tatbeteiligung bestanden, entsprechend und verkürzten die Dauer der Haftstrafe auf ein Jahr und zwei Monate. 

Dem Betroffenen, der als Nebenkläger in dem Verfahren auftrat, blieb so zumindest eine zweite Aussage vor Gericht erspart. Der Angriff hat ihn stark verunsichert, was sich bis heute auswirkt. Ihm sei an jenem Abend bewusst geworden, dass er von manchen immer noch als »fremd« wahrgenommen werde. Die Dauer der Ermittlungen und des Verfahrens belasteten ihn zusätzlich, so dass er erleichtert war, nach zwei Jahren nun endlich alles hinter sich lassen zu können. Auch die Nebenklagevertretung gab sich zufrieden, da die rechte Tatmotivation und die Brutalität der Tat durch das Gericht bereits in erster Instanz klar benannt wurden. 

Warum jedoch der zweite Täter nicht ermittelt wurde, bleibt weiterhin unklar. Gegen eine Zeugin in dem Verfahren, deren Aussage vor dem Amtsgericht Anklam nach Ansicht des vorsitzenden Richters und anderen Verfahrensbeteiligten bewusst falsch war und möglicherweise dazu dienen sollte, die Täter zu schützen, wurde seitens der Staatsanwaltschaft kein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Dies hätte möglicherweise dazu geführt, die Zeugin und den zweiten Täter ebenfalls zur Rechenschaft zu ziehen. Dies, sowie die lange Verfahrensdauer und dadurch aufrechterhaltene psychische Belastung des Betroffenen, hinterlassen einen bitteren Beigeschmack.