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In Gedenken an Boris Morawek

vom 13. Juli 2020 in Kategorie: Artikel

Heute vor 24 Jahren starb Boris Morawek an den Folgen eines Angriffs zweier Naziskins. Eine angemessene Würdigung der Tat gibt es bis heute nicht.

Am Abend des 11. Juli 1996 ist der 26-jährige Boris Morawek mit dem Fahrrad auf dem Weg in seine Wolgaster Stammkneipe am Thälmann-Platz. Vor dem Eingang wird er von den zwei stadtbekannten Naziskins Andreas J. und Sebastian M. Angesprochen. Andreas J. und Boris Morawek kennen sich, da dieser im selben Haus wie J.‘s Mutter wohnt. Im Gespräch zieht Andreas J. Boris Morawek unvermittelt einen mitgeführten Bierkrug über den Kopf. Anschließend schlagen und treten die beiden Angreifer weiter auf ihn ein. Als Morawek sich probiert in die Kneipe zu retten, wird ihm vom Wirt mit der Bemerkung „Nicht hier drin!“ der Weg versperrt. Als ein Passant eingreift, kann Boris Morawek sich aufrichten und probiert über den Thälmann-Platz zu fliehen. Die Angreifer holen ihn bei einem Garagenkomplex ein und fangen erneut an, auf Morawek einzuprügeln. Als ein Zeuge verbal interveniert, wird ihm vom Andreas J. fälschlicherweise entgegnet, Boris Morawek wäre ein Kinderschänder und hätte ein dreijähriges Mädchen missbraucht. Diese Anschuldigungen wiederholen die Angreifer mehrfach, während sie mit zunehmender Brutalität auf Morawek einprügelten. Andreas J. trat dabei immer wieder mit seinen Springerstiefeln auf sein am Boden liegendes Opfer ein. Nach einigen Minuten traf eine Funkstreifenbesetzung mit zwei Polizeibeamten am Tatort ein. Auch ihnen gegenüber äußerten die Naziskins, dass Morawek als Kinderschänder keine Rechte mehr habe und sie ihn nun „alle machen“ würden. Im Beisein der Polizeibeamten treten beide weiter auf Boris Morawek ein. Daran gehindert werden sie nicht.

Erst als wiederum Minuten später die zur Verstärkung gerufene Bereitschaftspolizei eintrifft, werden Andreas J. und Sebastian M. festgenommen. Boris Morawek liegt zu diesem Zeitpunkt regungslos am Boden. Als er ins Krankenhaus eingeliefert wird, erlangt er noch mal das Bewusstsein, stirbt jedoch zwei Tage nach dem Angriff am 13. Juli 1996 an den ihm zugefügten Kopfverletzungen.

Im Verfahren gegen die Täter gab Andreas J. als Grund für den Angriff an, es gäbe das Gerücht, dass Boris Morawek ein Verhältnis zu J.‘s Mutter haben soll. Daraufhin habe er ihn zur Rede stellen wollen. Ein politischer Hintergrund der Tat spielt im Verfahren keine Rolle. Die eindeutigen Äußerungen der Angreifer während der Tat nimmt das Gericht zwar wahr, misst ihnen in der Tatmotivation jedoch keine größere Bedeutung zu. Auf die politische Sozialisation der Täter und dem Kampf gegen Kindesmissbrauch als zur damaligen Zeit wichtiges Fragment rechter Ideologie wird nicht näher eingegangen. Beide Täter werden wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Totschlag verurteilt. Andreas J. erhält als Haupttäter acht Jahre und sechs Monate, Sebastian M. fünf Jahre Freiheitsstrafe.

Im Gefängnis ist Andreas J. für seine Tat hoch anerkannt. Die Gefängnisleitung gewährt ihm derart viele Freiheiten, dass er im Knast die rechte Band Staatssturm gründen und sogar eine Aufnahme veröffentlichen kann. Im Rahmen seiner Band gibt er zudem Interviews mit rechten Zeitschriften. Im Neonazi-Blatt „Feuer & Sturm“ einer wird Andreas J. nach drei Wünschen gefragt. Einer davon lautet: „Todesstrafe für Kinderschänder und Drogendealer“. Der Mord an Boris Morawek ist bis heute nicht als rechte Gewalttat staatlich anerkannt.